Wo genau liegt ›Normalnull‹?
Wo herkömmliche Vermessungsverfahren oder GPS-Technik über Satelliten an ihre Grenzen stoßen bieten optische Atomuhren einen neuen Ansatz, denn der Gang einer Uhr wird durch das Gravitationsfeld des jeweiligen Ortes beeinflusst. Dieser bekannte, aber winzige Effekt wurde in den letzten Jahren mit zwei optischen Uhren innerhalb weniger Minuten Messzeit immer empfindlicher nachgewiesen. Diese Uhren standen jedoch in demselben Institut. Jetzt dürfen auch rund 2000 km zwischen ihnen liegen.
In kommerziellen Glasfasern und mithilfe ausgeklügelter Verstärkertechnik wird die Frequenz der einen Atomuhr bis zur anderen transportiert und dort verglichen. Durch ein hochempfindliches Interferometrieverfahren gelingt dies auf 19 Stellen hinter dem Komma genau. Dahinter steckt Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, die sogenannte Gravitations-Rotverschiebung: Wenn eine Uhr weiter von der Erde entfernt ist, sich also in einem schwächeren Schwerefeld befindet, läuft für sie die Zeit tatsächlich etwas schneller ab. Für einen Höhenunterschied von einem Meter ändert sich der Gang (also die Frequenz) einer Uhr um 1 × 10 –16.
Die Ergebnisse der erfolgreichen Kooperation zwischen dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht. Sie bilden auch eine wichtige Basis für einen jetzt beantragten Sonderforschungsbereich der PTB und der Universität Hannover mit der Universität Bremen.
Eine erste Anwendung für die Grundlagenforschung ist auch gerade dokumentiert worden, nämlich im Juni in Physical Review Letters: MPQ-, PTB- und französische Forscher haben diesen Weg genutzt, um spektroskopische Untersuchungen an Wasserstoff durchzuführen, die für die grundlegende Frage wichtig sind, ob die Quantenmechanik die Welt tatsächlich gut beschreibt. Außerdem könnte diese Forschung auch für radioastronomische Untersuchungen eingesetzt werden. Geplant ein Frequenzvergleich über eine Strecke von 4000km.